Training für Kletterer

Besser Klettern FAQs

In better climbing, Klettertraining by Udo Neumann

Hallo Zusammen,

ich kletter jetzt schon seit ca 6 Monaten ausschließlich Halle. Inzwischen klappts bis 7 plus im Vorstieg und etwa 8- mit Toprope.

Jetzt ist es so dass ich, wenn ich Routen nah am eigenen Limit kletter immer mega mit meiner Fingerkraft zu kämpfen habe. Die Bewegungen in den Routen, so behaupte ich jetzt einfach mal, sind eigentlich nicht so das Problem aber eben die Finger.

Jetzt meine Frage: Wie kann ich das ändern ?
Momentan kletter ich ca alle 1 bis 2 Wochen. Ist das zu wenig ?
Wieviel sollte man für die Finger mindestens tun ?
Oder bin ich zu schwer ? 85 kg bei 188 cm

Sorry für die vielleicht etwas bescheuerte Frage, aber ich hab niemanden über meinem Niveau der mir Tips geben könnte.

Danke !

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Racingdude,
Du bist genau so groß wie Toni Lamprecht und ich, aber sogar etwas leichter, dammit! Da wir (noch) etwas schwieriger als Du klettern können, sag ich mal so salopp: “Es liegt NICHT an der Fingerkraft!” Natürlich fühlt es sich so an, Du wirst aber in ein paar Monaten/Jahren feststellen, dass du die gleichen Griffe anscheinend besser halten kannst weil deine Klettertechnik besser geworden ist. Da Du erst seit 6 Monaten und eh nur an Plastik kletterst, würde ich kein Fingerkrafttraining machen da das Verletzungsrisiko unangemessen hoch ist. Wechsle in der Halle Routen / Neigungen / Griffe ab, dann wird das schon!

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Freut mich zu hören. Dann werd ich einfach noch ne Menge lernen müssen. Geht wohl nicht immer alles so schnell wie man gerne hätte 😉

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“2.) Wie kann ich – außer durch Zeit – meine Fingerkraft merklich steigern, bzw. meine Unterarmausdauer?”

Leider kaum, Fingerkraft ist angeboren. Entweder man hat sie, oder eben nicht.

Interessante These. Wie kommst du zu dieser Annahme? Warum gibt es dann Hängeübungen, die ja nur auf Steigerung der Fingerkraft abziehlen (darauf gehst du ja auch in deinem Buch ein)?
Kann man das auch irgendwie beziffern, wann da Schluss ist, wann man aufhören kann sich abzurackern? Wobei mich vielmehr interessieren würde warum das so ist..

Wo wir grad beim Thema sind; Die Trainingsanweisungen für statisches Training in LZK habe ich auch nie so recht verstanden. Für Anfänger MA steht da zb. “15sek bzw 10 Wdh”, “3min pause” und “5 Sätze”. Soll man jetzt 10 x 15sek rumhängen und dann 3min pause machen und das 5 mal? Oder nur 1 x 15sek hängen und dann 3min pause (das ganze 5 mal)?

Viele Grüsse,
Jojo

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Jojo, das ist keine These oder Annahme, sondern im Moment Stand des Wissens. Ausser zur unmittelbaren Fingerkraftsteigerung können Hängeübungen ja auch nach Verletzungen oder als Gewöhnung an einen bis dahin nicht gewohnten Grifftyp sinnvoll sein (Pfaltz-Känntchen Kletterer fährt zum ersten mal in die Fränkische). Deshalb sind sie im Lizenz aufgeführt…

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also wieso fingerkraft etwas angeborenes und nicht trainierbares sein soll, das frag ich mich…

die finger und die dazugehörige muskulatur ist einfach etwas komplexer und “feiner” als es bei anderen körperteilen ist. aber die anatomie der muskeln ist die gleiche. ihr denkt doch nicht allen ernstes, dass fred nicole (und diverse andere die solche kunststücke beherrschen) von geburt an seinen kleinen finger in eine schlinge legt und dann daran einen einarmig-einfingrigen klimmzug macht (obwohl meines wissens babies das könnten, wenn sie diese bewegung koordinieren und willentlich ausführen könnten)…

fingerkraft ist durchaus trainierbar! mag sein dass es individuelle grenzen gibt hierbei, aber kein naturgesetz schreibt vor dass man diese nicht ausloten kann!

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U.:
1. “nicht trainierbar” hat keiner gesagt, Fingerkraft ist aber tatsächlich “nur sehr begrenzt trainierbar”, zu den individuellen Unterschieden hat z.B. Andrea Eisenhut einiges geforscht…
2. Fred ist tatsächlich so stark geboren und hat nie trainiert
3. ursprünglich ist der thread von einem sechser, siebener Kletterer gestartet worden, nur so als Erinnerung, in dem Bereich gibt es wirklich Wichtigeres als die letzten 3% bei der Fingerkraft raus zu kitzeln, denn die Frage bei jedem Training ist ja immer “wie setze ich meine Zeit und meine Anstrengungen am Sinnvollsten ein?” und da ist, siehe “3.” Fingerkrafttraining (auch wegen dem erhöhten Verletzungsrisiko z.B. am Campusboard) einfach zu viel Aufwand für zu wenig Ergebniss!

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Hallo.

Also zum Thema Fingerkraft kann ich nur sagen, dass sich da schon einiges getan hat im letzten Jahr doch sehr viel getan. Zum Thema Training derselben und Verletzungsgefahr:
1.) Campusboard: Bedingt geeignet nicht mindestens 8er Kletterer, da Verletzungsgefahr sehr hoch. Ich habe selber eins und trainiere gelegentlich daran. Der größte Nachteil: Ich bekomme nach einem Satz (!!!!) Blasen und nach 30 Minuten Training fängt es an zu bluten. Deshalb habe ich das dynamische Training am Campusboard eingestellt – obwohl es mir persönlich sehr viel Spaß macht. Im Herbst starte ich einen neuen Versuch.
2.) Statisches Training am Campusboard/Fingerboard: Super. Allerdings auch ein bisschen verletzungsträchtig. Imho v.a. gut, da einzelne Finger gezielt trainiert werden und man nicht manche Finger (unbewusst) entlastet. D.h. das Training der intramuskulären Koordination erscheint mir besonders gut, da bereits nach kurzer Zeit deutliche Verbesserungen erkennbar sind, die ein gewöhnliches Hypertrophie-Training eben gerade nicht bringt. Eine Waage zum genauen Messen verwende ich (insbesondere in unserer Kletterhalle  ) bewusst nicht. Übrigens habe ich mit an Bandschlingen aufgehängten Hantelscheiben auch gut Isolation einzelner Finger erreichen können – mit kleinem Aufwand.
3.) Harte (kleingriffige) Boulder: Mein Favorit!  Die Tritte sollten passen und entsprechend schlecht sein. Da lernt man das Auspendeln auch am besten. Die Motivation ist hier auch höher.

Zum Thema “Fingerkraft ist angeboren” und auch Fred Nicole: Ich denke schon, dass hier viel trainiert werden kann. Die These, dass Fred nie trainiert hat ist ja so auch nicht richtig. Wer viel und vor allem in jungen Jahren (ich mein bis spätestens 16 Jahre) klettert wird da sehr schnell sehr viel erreichen. Ein Problem ist ja vor allem die Anpassung der Sehnen und Bänder (in Bezug auf Verletzungen und Schmerzempfinden), die eben früh noch schnell(er) wachsen.

Zeit-Nutzen-Verhältnis: Keine Ahnung. Ich denke Klettern und vor allem Bouldern bringt mehr für die Gesamtleistung. Erst jenseits des 9. Grades sollte es doch wirklich elementar notwendig werden.

Eigentlich sollte Ausdauerklettern ja (bei mir zumindest) am meisten bringen, weil ich beim Bouldern rund einen Grad weiter bin, als an der Wand. Aber das lässt sich bei uns nicht realisieren. Jeder muss ja anders trainieren. Wer zum Training eine 12 m Wand hat wird nicht auf Anhieb an schweren 35 m Passagen sein Glück finden, aber dafür ggf. lange Touren mit kurzer, aber sehr schwerer Crux gut bezwingen können.

So, genug für heute. Hatte eben einen Super-Boulderabend und werde mich jetzt in dem entspannenden Teil der Abendunterhaltung widmen.

Gruß,
Felix

PS: Wie war das Soul-Bouldern?

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@udo:
hm ok.. die Aussage “kaum trainierbar” hatte mich etwas geschockt  das hörte sich so an wie; “Was nach 2-3 Jahren klettern nicht da ist, kommt auch nicht mehr”.
Ich werde mir mal ansehen was Frau Eisenhut da geforscht hat, interessiert mich.

Meine eigene “Trainingserfahrung”: meine Fingerkraft hat sich innerhalb der letzten 3 Jahre kontinuierlich gesteigert. Ich dachte eigentlich das geht auch so weiter. Dass es (wie für fast alles) eine gewisse genetische Veranlagung gibt ist mir klar, den absoluten high-end olymp werde ich wohl auch nicht mehr erreichen, dafür ist es schon etwas spät – aber ein bisschen was sollte da ja schon noch gehen (klettere grad mal so knapp 9 rp).

Mein Training basiert fast aussschliesslich auf Bouldern (dazu gelegentliche Hängeübungen / Campusb), diesen Winter kommt noch Torsotraining hinzu. Kann ich nur empfehlen. Obwohl ich den (mentalen) “Aufwand” für recht hoch halte (ist halt totlangweilig), ist der Nutzen doch super!
Obwohl ich es eigentlich viel zu selten mache (ca 1x pro Woche) konnte ich eine deutliche verbesserung der Körperspannung im steilen Gelände feststellen. Wieviel besser ich dadurch kletter ist unklar, aber es fühlt sich auf jedenfall besser an )

@felixKA: Ich würds mit dem Campus auch nicht übertreiben. Aber was du da beschreibst klingt nicht normal. Entweder du hast extrem dünne Haut oder deine Leisten sind zu scharf/rauh/klein. Du solltest die Übungen am Anfang auch so langsam und kontrolliert wie möglich durchführen. Das verringert die Verletzungsgefahr und schont die Haut (nicht rumrutschen!). Doppeldynos oder ähnliche Scherze würd ich komplett sein lassen.

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U.:

Jojo, das ist doch interessant, halt auf jeden Fall (schriftlich) fest, wie sich das bei Dir mit der Fingerkraft entwickelt! Vielleicht hast Du schon Aufzeichnungen? Die gelegentlichen Hängübungen machst Du immer am gleichen Brett? Besssere Technik beim Hängen (kein Quatsch) ist auszuschliessen? Versteh ich das richtig, dass Du erst 3 Jahre kletterst?

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@jojo

Ich glaube eher das Problem ist, dass ich extrem leicht auch an den Händen schwitze und allgemein sehr zur Blasenbildung neige. Auch beim normalen Klettern ist dies ein Problem, an Händen wie auch an der Zehenoberseite (super-enge Anasazi tragen auch dazu bei, aber die sind einfach so genial   )

Die Leisten an dem Campusboard sind imho eher zu rutschig, denn daheim an dem (leider recht kleinen und schmalen) Board ist es schon besser. Egal. Statisches Hangeln halte ich wie gesagt für besser und momentan bin ich total auf dem Bouldertrip, u.a. weil mir unsere aktuelle Kletterkonstellation nicht 100% zusagt. Die Klettergeschwindigkeit ist das Problem. Und dass sich niemand mal was traut und mal was neues ausprobiert. Das ist auf Dauer natürlich schon ein bisschen langweilig.

Bis die Tage,
Felix

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@udo; ich hab das brett seit ca 1 jahr. von fast garnicht (max 1-2 sek) an einem griff hängen können bis nun >10s hat sich da was getan. wobei ich jetzt wie gesagt garnicht regelmässig an dem brett trainiere. eher mal so zwischendurch aus langeweile, im sommer fast garnicht.
also hängetechnik würd ich zu 90% ausschliessen. bei der hängerei ist schmerzresistenz glaube ich eher ein faktor, bzw entwicklung der bänder (wo der schmerz herkommt).
ja.. je mehr ich darüber nachdenke, ein wirklich komplexes thema  die reine muskelkraft stellt da wohl nur einen teil dar. die hat sich aber definitiv auch entwickelt
angefangen mit klettern hab ich vor 3,5 jahren, seit knapp 3 jahren klettere ich regelmässig (und viel).

@felix;
wenn die gruppe doof ist, würd ich mit denen auch nicht klettern  ich find gruppendynamik auch ziehmlich wichtig. wobei es jetzt garnicht so drauf ankommt ob die leute besser oder schlechter klettern, hauptsache motiviert und mit spass dabei.
zu deinem tempoproblem kann ich eigentlich nicht viel sagen, ausser dass es DAS immer richtige tempo wohl nicht gibt. mal langsam, mal schnell. bei sharma’s dreamcatcher (findest du bei youtube) kann man das super sehen. er schleicht sich regelrecht an die schlüsselstelle (kurz vor schluss) an, schnauft nochmal durch und gibt dann vollgas. so oder so ähnlich funktioniert das wohl

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Hi.

Wohl wahre Worte. Aber meine (schon ziemlich motivierte, aber etwas weniger wagemutigere) Klettergruppe muss ich schon in Schutz nehmen, die sind ein treuer Haufen. Trotzdem habe ich diese Woche alle Klettersessions sausen lassen und gebouldert und gebouldert… Habe nur eigene Probleme kreiert, was auch mal wieder sehr viel Spaß gemacht hat. Jetzt Schmerzen die Finger wie Hölle (kann kaum Tippen), aber es hat einfach zu viel Spaß gemacht  Habe auch gemerkt, dass einige Boulder, die vor 6 Wochen noch so gut wie unmöglich waren mittlerweile richtig locker gehen und die neuen Probleme sind schon viel knackiger. Würde sagen teilweise bis Fb 6b+/6c leider aber immer recht kurz (6-12 Züge) da der Boulderraum ziemlich klein ist.

Bremsend ist bei unserer “Seilschaft” eher die Dreiergruppe, weil da halt die Wartezeiten in exorbitante Höhen aufsteigen, wenn das Klettertempo bei den Anderen nicht richtig flott ist.

Das Dreamcatcher Video kenne ich. Super! Ich finde die Sloper-Hangelei und den Sprung am Anfang klasse. Solche Touren sind mein absoluter Favorite. Was ich auch krass fand ist das Video von Thomas Mrazek (Underground).

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Fred ist so stark geboren und hat nie trainiert und irgendwann hat er sich im Wald verlaufen und siehe da mach ich mal Dreamtime die erste 8c der Welt. Ich wurde ja schon als 8c Boulderer geboren. BLA BLA BLAAAA..
Sehr wohl hat er trainiert. Sogar sehr viel. Er hängt das einfach nicht an die grosse Glocke und gibt sich als Mister Training aus….
Natürlich kommt ein riesen Teil seiner Kraft aus den vielen Versuchen schwerer Boulder die ihn dann trainiert haben, aber in der Anfangszeit hat auch Fred gepullt was die Muskeln halten.

Den gleichen Schwachsinn sagt man auch über Sharma etc… Chris war die ersten Jahre täglich in der Halle. Was denkt ihr was er da machte?? NICHT trainieren… 

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Ich nehm mal an mit “trainieren” ist spezielles Kraftraining gemeint und nicht bouldern und klettern an sich (obwohl das natürlich auch eine Art von Training ist).