halfdome

Besser Klettern

In better climbing by Udo Neumann

In diesem Teil der „Besser klettern“ Reihe möchte ich den Lebenslauf des Kletterns beschreiben. Die Zeiten der schnellen Entwicklung, der Frustration, der Stagnation und der wiedergewonnen Begeisterung die wir als Kletterer erleben. Jeder von uns würde ein interessantes Beispiel abgeben, aber die Felskarriere von Dale Goddard finde ich besonders faszinierend.

 

 
Dale Goddard climbing in the Verdon, 1984

Die schnelle Entwicklung

Ich kenne Dale seit 1984. Wir kletterten im Verdon acht minusser zusammen, ein paar Wochen später in Freyr stieg er Routen vor die ich die ich gut nachsteigen konnte und wieder einige Zeit später am Stenzelberg flashte er Routen in denen ich die letzten zwei Jahre ohne Erfolg verbracht hatte.
Schon damals tat Dale Sachen, die wir bis dahin noch gar nicht gedacht hatten. Routenpantomime mit Raten zum Beispiel. Seine Herangehensweise und Kompromisslosigkeit war unserer Lichtjahre voraus.

Das ist kennzeichnend für erfolgreiche Sportler. Ohne Experimentierfreude und stetigem Lernen wird man sich in keiner Disziplin behaupten können.

Wir schrieben uns. Noch in diesem Jahr kletterte Dale seine erste 5.12a (achtplus), etwas später beschrieb er mir auf vier Blättern seinen neuen Trainings- und Ernährungsplan. Selbst als Sportstudent hatte ich mir Klettern relaxter vorgestellt. Dale explodierte. Ein Jahr nach der achtplus kletterte er seine erste zehnminus und etwas später glatt zehn. Dazwischen ein paar horrormässig gesicherte Erstbehungen in Colorado und der Sieg beim ersten französischen Boulderwettbewerb (draussen natürlich!).

Talent manifestiert sich ziemlich schnell. Ich sag jetzt mal provokant: Wenn du mit vierzehn Jahren mit dem intensiven Klettern angefangen hast und vier Jahre später keine Neuner kletterst, sehe ich schwarz für die Elfer. Ich lasse mich gerne von einem Gegenbeispiel eines besseren belehren, aber zum schwierigen Klettern wird man geboren. Je technisch anspruchsvoller eine Aktivität ist, umso weniger kann man Fähigkeiten wie Fleiss oder Disziplin in die Waagschale werfen. Glücklicherweise können wir uns beim Klettern ja in den verschiedensten Aktivitäten austoben, es muss ja nicht der Highend Boulderolymp sein. Nur sechs Stunden Systemtraining am Tag würde ich mir dann schenken.

Dale war immer auf Zack wenn es um neue Trainingsideen oder Klettertechniken ging. Als er ’87 nach Europa kam, schien er wie vom anderen Stern. Zu der Zeit gab es in Europa vielleicht eine Hand voll Kletterer die noch etwas mehr drauf hatten. Und das auch nicht immer.

Der Vergleich mit den anderen Oder: Wo hängt der Hammer?

Inzwischen hatte das Wettbewerbsklettern Fahrt aufgenommen. 1889 in München wurde Dale zwölfter, in Arco mal fünfter und in den USA zankte er sich mit Jim Karn um den besten Amerikaner. Sich mit anderen, die genauso brennen wie man selber, zu vergleichen ist Grundlage jedes Sports. Dabei muss der Rahmen nicht unbedingt sportmässig sein. Nach einer gemeinsamen Bouldersession weiß jeder woran er ist.

Das schwächste Glied

1991 fingen wir mit dem Buch „Performance Rock Climbing“ an, zweckmässigerweise in Hueco Tanks. Als Schlüsselthema unseres Buchs hatte sich die Idee des schwächsten Glied und die Notwendigkeit, dass zu identifizieren was einen zurückhält herausgestellt. Wie sah es nun diesbezüglich bei Dale aus, der unsere Ideen quasi im Selbstversuch erprobte?

Zu dieser Zeit war Dale ein besserer Boulderer als Kletterer. Er war sehr stark. Wie stark? Wenn du zehn Klimmzüge mit deinem Körpergewicht in Hantelscheiben um die Hüfte machen kannst war er so stark wie du. Ausserdem hatte er eine fantastische Technik in Dächern und sehr steilem Gelände. Die Erstbegehung von Serves you right (Bild rechts) war ein grossartiger Moment. Fred Nicole und Marc LeMenestrel konnten zwar schon schwieriger bouldern, aber von der Komplexität und Schönheit her ist SYR ein Meilenstein in Hueco.

Beim on sight Klettern dagegen fehlte Dale oft die Improvisationskunst und die Bewegungsökonomie. Auch fangen seine Waden leicht an zu zittern wenn er in senkrechtem Gelände lange auf den Füssen stehen muss. Mitte des Jahres heiratete er, aus Sicht seiner männlichen Freunde nur durch bösen Voodoo zu erklären. Danach, während der Flitterwochen in den Smith Rocks war er in bedrückend schlechter Form.

Mir gefiel das überhaupt nicht denn ich war auch durch die Arbeit am Buch in die Trainersituation gerutscht und fühlte mich für sein Klettern mitverantwortlich. Im Herbst 1991 kam er nach Köln. Wir hatten noch vier Wochen bis zur WM in Franfurt, wollten ja auch viel am Buch tun und Kletterhallen gab es erst in Belgien. Zurückblickend freue ich mich immer noch wie gut wir das damals hin gekriegt haben. Dale war als Kletterer eher stark als ökonomisch, mehr analytisch als improvisierend, strategisch aber sicherheitsbedürftig und ausserdem körperlich nicht in der allerbesten Form seines Lebens. Analytische Menschen wie Dale neigen manchmal dazu, die Analyse quasi nebenbei mitlaufen zu lassen, was ein völliges sich vergessen beim Klettern erschwert. Es galt besonders, ihn kopfmässig so einzustellen, dass er nur den nächsten Zug sieht und nicht bewertet wie ihm der letzte Zug geglückt ist. Wahrscheinlich war Dale der einzige Kletterer der sich auf die sehr steile Wand in Frankfurt in den senkrechten Routen in Mayen und am Stenzelberg vorbereitete. Ich stand unten und brüllte mir die Seele aus dem Leib, damit es für ihn gar keine Option gab aufzugeben. Die körperlichen Aspekte liessen wir völlig aussen vor, da für Dale der Kopf leistungsentscheidender war als die Physis. Unser Plan ging glänzend auf. Rechtzeitig zur WM kletterte Dale als wären die Wölfe hinter ihm her und wurde am Ende zwölfter. Ein Meter weiter und er wäre in Finale gekommen, welches ihm sehr gut gelegen hätte..

Und ich hab bei dieser WM unter anderem gelernt, dass der Kopf wirklich der wichtigste Muskel beim Klettern ist! Eine andere Neuigkeit war, dass bei den Wettbewerben die Zeit der Felshelden vorbei war, denn was François Legrand 1991 zeigte, war eine intensive Auseinandersetzung mit den neuen Bewegungsformen der Kunstwand. Vergessen musste man die Idee des Überkletterers, der alles gut kann. Auch Jerry Moffat, der mit harten Bouldern und Wettbewerbserfolgen diese Idee in den Achtzigern am meisten verkörperte sah neben François an der Plastikwand auf einmal alt aus. Wenn du also Erfolg beim Klettern suchst, solltest du dich auf die Disziplin die dir am meisten liegt spezialisieren.

Die Frustration

Nun ist Just do it etwas ganz anderes als Supertweak, nämlich vor allem sehr viel länger. Auch der runout am Schluss drückt etwas aufs Gemüt. Just do it ist immerhin so zäh, dass Yuji Hirayama und Francois Legrand 2001 keine Chance hatten.

Zwei Jahre rannte Dale dagegen an, aber zum ersten Mal hatte er kein Mittel für diese Situation. Es war ihm völlig klar, dass er gegen Regel sechs „Es gibt keine Abkürzungen“ (siehe unten) verstieß. Supertweak ist elfminus, Just do it elfminus/elf. Dieser Unterschied hört sich wie Erbsenzählerei an, ist jedoch am individuellen Grenzbereich riesig. Ausserdem hatte Dale zwar viele zehnplusser, aber nur eine elfminus in einem völlig anderem, ihm dazu noch entgegenkommenden Stil auf seinem Konto, was als Grundlage für den nächsthöheren Grad einfach zu wenig ist. Es gibt keinen bewiesenen Fall in dem Kletterer im Grenzbereich Schwierigkeitsgrade übersprungen haben.

Und ich hab bei dieser WM unter anderem gelernt, dass der Kopf wirklich der wichtigste Muskel beim Klettern ist! Eine andere Neuigkeit war, dass bei den Wettbewerben die Zeit der Felshelden vorbei war, denn was François Legrand 1991 zeigte, war eine intensive Auseinandersetzung mit den neuen Bewegungsformen der Kunstwand. Vergessen musste man die Idee des Überkletterers, der alles gut kann. Auch Jerry Moffat, der mit harten Bouldern und Wettbewerbserfolgen diese Idee in den Achtzigern am meisten verkörperte sah neben François an der Plastikwand auf einmal alt aus. Wenn du also Erfolg beim Klettern suchst, solltest du dich auf die Disziplin die dir am meisten liegt spezialisieren.

Die Frustration

Nun ist Just do it etwas ganz anderes als Supertweak, nämlich vor allem sehr viel länger. Auch der runout am Schluss drückt etwas aufs Gemüt. Just do it ist immerhin so zäh, dass Yuji Hirayama und Francois Legrand 2001 keine Chance hatten.

Zwei Jahre rannte Dale dagegen an, aber zum ersten Mal hatte er kein Mittel für diese Situation. Es war ihm völlig klar, dass er gegen Regel sechs „Es gibt keine Abkürzungen“ (siehe unten) verstieß. Supertweak ist elfminus, Just do it elfminus/elf. Dieser Unterschied hört sich wie Erbsenzählerei an, ist jedoch am individuellen Grenzbereich riesig. Ausserdem hatte Dale zwar viele zehnplusser, aber nur eine elfminus in einem völlig anderem, ihm dazu noch entgegenkommenden Stil auf seinem Konto, was als Grundlage für den nächsthöheren Grad einfach zu wenig ist. Es gibt keinen bewiesenen Fall in dem Kletterer im Grenzbereich Schwierigkeitsgrade übersprungen haben.

1994 gab Dale auf, nicht nur die Fahrten in die Smith Rocks, sondern im Grunde auch das Klettern. 1996 boulderten wir in Hueco zusammen. Dale war körperlich und geistig so wenig bei der Sache dass man ihn schon nicht mehr als Kletterer bezeichnen konnte. Die nächsten Jahre sprachen wir kaum mehr übers klettern. Es war aus Dales Lebensmittelpunkt verschwunden.

Frustrationstoleranz

Wenn wir einen Spitzenkletterer eine schwierige Route klettern sehen, stellen wir uns einen Erfolgsmenschen vor, dem alles gelingt und der deswegen immer happy ist. Kletterer, die sich über viele Jahre im Grenzbereich ihrer Möglichkeiten aufhalten, wie Marietta Uhden, Toni Lamprecht oder Fred Nicole sind aber eher durch enorme Frustrationstoleranz ausgezeichnet. Sich nach Verletzungen wieder aufbauen, damit umzugehen, dass es in einer ansonsten möglichen Tour einen Zug gibt den man einfach nicht kann braucht sehr viel Kraft. Wer damit nicht umgehen kann ist beim Klettern am Rande seiner Möglichkeiten nicht gut aufgehoben.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

oben: Meine erste Route mit Dale, 1984
im Verdon. Die Hände schon martialisch
getaped, schaue ich zu wie Dale sich durch
Mandarin Merveilleux, 6c+ tankt…
 Dale Goddard climbing in Utah
Die sehr gefährliche Little Cottonwood
Route The Prowser, 5.12d
 Dale Goddard with Jim Karn, Smith Rocks
oben: Dale und Jim Karn bei der
Kletterpantomime vor der Begehung von
Scarface / Smith Rocks,
1989
 Dale Goddard bouldering in Hueco Tanks
Dale macht die erste Begehung von „Serves
you right, V10″, Hueco Tanks, 1991
Dale_WM_91
oben: Im Halbfinale der WM in Frankfurt,
1991

 
Dale Goddard trying Just do it
Jibé Tribouts JUST DO IT, 8c+ in den Smith Rocks. Dale bei seinen ersten Versuchen, 1992.
Für die zur Zeit der Erstbegehung besten Amerikaner war diese Tour ein Trauma, von dem sie erst 1997 der damals 16jährige, unbekümmerte Chris Sharma in nur sieben Versuchenerlösen konnte.

Interessanterweise machte sich ausgerechnet Jibé Tribout, der Erstbegeher von Just do it, zu diesem Thema Gedanken und erstellte die folgende Liste.
Sie gibt einen recht verlässlichen Eindruck, wie sich Kletterleistungen zueinander verhalten und was wir realistischerweise projektieren können. Sie ist desto aussagekräftiger, je mehr und je unterschiedlichere Routen dir in den entsprechenden Graden und Begehungsstilen geglückt sind. Für Kletterer, die in leichteren Graden unterwegs sind, macht die Liste keinen Sinn, da es zu viele Einflußgrößen in ihrem Klettern gibt.

   On-sight In einem Tag  Rotpunkt 
   7b  7c  8a
   7b+  7c+  8a+
   7c  8a  8b
   7c+  8a+  8b+
   8a  8b  8c
   8a+  8b+  8c+
   8b  8c  9a
   8b+  8c+  9a+
 Momentane Weltspitze!  8c  9a  9b

 

Dale Goddard bouldering, 2004

 

Dale bouldert im Sommer 2004 mit seinem Sohn Julien im Little Cottonwood Canyon in Utah

Die wiedergewonne Begeisterung

Um Ostern 2004 erreicht mich eine Mail von Dale. Er sei vierter  hinter „Sharma, Tom Caldwell, and some 15 year old twerp“ in Phoenix, dem grössten Boulderwettbewerb der Welt geworden! Ihr könnt euch vorstellen wie überrascht ich war.

Als wir dann letzten Sommer im Little Cottonwood Canyon zusammen bouldern ist es eigentlich genau wie früher. Dale ist immer noch sehr stark, aber noch dünner geworden und weil ihm das bouldern wieder einen Riesenspass macht, schwebt inzwischen sogar auf Luft. Beim Felsbouldern ist sein old school Stil mit dem damit verbundenen enormen Bewegungsrepertoire sogar von Vorteil wenn es darum geht unterschiedliche, nicht ganz so schwierige Boulder in ein paar Versuchen hochzukommen.
Dass ich mich dagegen wie ein fetter Otter fühle muss ich auch noch erwähnen. Mir wird leider wieder bewusst, dass ich in Gegenwart körperlich überlegener Kletterer zu einem Einfallspinsel werde, der den Erfolg mit der körperlichen Brechstange sucht. Es gibt durchaus Kletterer mit denen ich kreativer klettere. Aber das ist eine andere Geschichte und führt uns zurück zum ersten Teil dieser Reihe, zu der Rolle, die wir in einer Klettergruppe spielen…

Ich könnte jetzt noch einiges Mehr über Dale berichten, zum Beispiel über die Folgen des zerstörerischen Trainings der frühen achtziger Jahre, besonders seiner Klimmzug Exzesse. Doch soll es hier darum gehen, aus Dales und anderen Kletterbiografien einige Merkmale des Kletterlebenslaufs zu distilieren. Es dürfte klar geworden sein, dass unsere Kletterleistung enorm komplex ist. Mit einem sechzig Stunden Job wirst du den Kopf gar nicht frei genug haben um das Klettern so zu betreiben wie es hier beschrieben. Solltest du aber dein Leben so eingerichtet haben, dass du dich ausreichend dem Klettern widmen kannst, gibt es direkt eine gute Nachricht: Klettern kann man lebenslang! Und, man kann ziemlich lange ziemlich gut klettern! Aber, wir leben von dem was wir in der Jugend angelegt haben.

 Dale Goddard, Five Year plan  

Klettern im Altersgang

Eine besondere Begehung ist wie ein Eisberg, nur die momentane Leistung ist sichtbar, die Zeit der Vorbereitung jedoch nicht.

Wer mit fünfundzwanzig zwölfplus klettert profitiert von den günstigen Umständen der frühen Jahre, natürlich Talent, gutes Umfeld, cleveres Training. Sie oder er wird, Gesundheit vorausgesetzt, immer ein guter Kletterer bleiben. Solche Kletterer brauchen im Alter nur minimale Kletteraktivität um auf hohem Niveau zu bleiben. Aber auch für sie gilt:

1. Wir werden langsamer und schwächer.
2. Was an Schnelligkeit und Kraft weg ist ist weg.

links: Als Dale zum ersten mal dieser Linie ansichtig wurde, nannte er sie spontan seinen “fünf-Jahres-Plan”. Dieses Foto von 1985 zeigt ihn zwei Jahre später bei der Erstbegehung von FIVE YEAR PLAN, 5.13b in Colorado.

 

SSchnelligkeit benutze ich in diesem Artikel ganz salopp in einem Atemzug mit Maximalkraft, nämlich der Fähigkeit, mit 100% von Allem was man hat etwas krasses zu tun. Dem gegenüber steht die Fähigkeit, ökonomisch mit seinen Reserven umzugehen, der so genannten Ausdauer. Diese beiden Fähigkeiten schliessen sich gegenseitig aus. Wer blitzschnell und stark ist wird nie zugleich wirklich ausdauernd sein können.

Carl Lewis war zwar deutlich über dreissig als er seinen schnellsten 100m Lauf und seinen weitesten Sprung hinlegte, aber ich frage euch, was ist schon über dreissig? (Ich hoffe doch, mich bis mindestens fünfzig stetig verbessern zu können!) Während sich fast alle andern Fähigkeiten konservieren oder sogar entwickeln lassen, baut man ab Mitte zwanzig speedmässig langsam aber stetig ab. Kraftausdauer Training beschleunigt diesen Trend sogar noch. Jeder sollte sich also gründlich überlegen für welche Touren er Kraftausdauertraining wirklich braucht. Wenn man nämlich einmal langsam ist wird man nie wieder schnell. Wie Chris Sharmas Begehung von Realization zeigt ist es dagegegen für einen guten Boulderer kein Problem, spezifische Ausdauer für eine lange Route aufzubauen. Nun ist Spritzigkeit und Schnellkraft in alpinen Sportkletterrouten nicht wirklich leistungsentscheidend. Ärgerlich ist es aber trotzdem, einen Zug oder Passage nicht klettern zu können weil man sich den Pep wegtrainiert hat.

Egal ob du eher alpin oder bouldermässig unterwegs ist, gibt es doch Regeln der Leistungsentwicklung, die jeder Kletterer kennen sollte.

Zehn erprobte Regeln der Leistungsentwicklung

1. Aufwärmen und Abkühlen

Wärme dich immer geistig und körperlich auf und versuche jeden Klettertag mit einer leichten Kletterei ausklingen zu lassen, um den Erholungsprozeß einzuleiten.  

2. Variiere dein Klettern und das Training

Abwechslung ist ein zentraler Teil deiner Entwicklung als Kletterer. Versuche, die Felsart, Griffgröße, Routenlänge usw. zu variieren. Vergiß nicht, daß du harte und leichte Klettertage haben kannst, ernsthafte und lächerliche…

3. Schneidere dein Training auf dich zu

Nichts funktioniert für jeden gleich. Vergiß nie, daß du ein Individuum bist, mit einmaligen Stärken und Schwächen, Vorlieben und Abneigungen. Diese Eigenschaften mußt du bei deinem Training genauso in Betracht ziehen wie z.B. dein Lebens- und Trainingsalter.

4. Trainiere spezifisch

Unser Körper reagiert immer nur spezifisch auf eine gegebene Belastung. Quergänge an Brückenpfeilern mit Känntchen bringen z.B. relativ wenig für einen Aufenthalt im Frankenjura, da dort eher kurze Routen mit eher offenen Handstellungen vorherrschen, können aber für Klettereien im Granit ganz nützlich sein. Spezifisch trainieren kann auch bestimmte Körperpositionen und die Art der Klettererei, zum Beispiel dynamisch oder statisch bedeuten.  

5. Vergrößere die Belastung richtig

In der allgemeinen Trainingslehre gibt es die Regel, daß man seine Trainingsbelastung jedes Jahr um etwa 20% steigern muß, um sich zu verbessern. Beim Klettern ergibt sich das durch Steigerung der Intensität (härtere Züge, Sequenzen und Routen) bis zu einem gewissen Punkt ganz natürlich. Irgendwann erreichen wir jedoch alle ein Plateau, von dem aus wir nicht mehr 20% mehr Härte schaffen können. Um die Belastung dennoch zu steigern, können wir auch die anderen Parameter der Belastung, wie die Quantität, Dichte und Frequenz erhöhen. Hier flirten wir natürlich immer mit dem Übertraining weil wir ja immer einen Reiz setzen müssen damit der Körper mit Anpassung reagiert. Unser Erholungsinstinkt ist hier ganz wichtig. Und, daß wir das Vertrauen, uns verbessern zu können, nicht verlieren. Wenn du resigniert meinst, daß du deine Grenzen erreicht hast, wird dies auch tatsächlich der Fall sein, weil du aufhörst eine Verbesserung anzustreben.  

6. Es gibt keine Abkürzungen

Es gibt keine Zaubertrainingspläne und -methoden. Auch wenn eine neue Trainingsmethode manchmal beeindruckende Früchte tragen kann, sollte dies nie deinen Blick dafür verschleiern, daß alles aufeinander aubaut und deshalb in deiner Entwicklung nicht ausgelassen werden darf. Eine besondere Begehung ist wie ein Eisberg, nur die momentane Leistung ist sichtbar, die Zeit der Vorbereitung jedoch nicht. Die grundsätzlichen Regeln des Trainings gelten für jeden.

7. Nimm Auszeiten

Wenn du vorhast, dich im Klettern über viele Jahre zu verbessern, solltest du jedes Jahr 1-2 Monate überhaupt nicht klettern. Diese Ruhepausen sollten mit Regenerationsmaßnahmen, wie Ausdauertraining und Ausübung anderer Aktivitäten, ausgefüllt werden. Wenn du deinem Klettern keine Ruhe gönnst, wird es sich die Ruhe durch Verletzungen, Ausgebranntsein, Leistungsplateaus und niedriger Motivation holen.

8. Entwickle einen Erholungsinstinkt

Kultiviere ein genaues Gefühl für deinen Körper. Respektiere, daß dein Körper weiß, was er braucht. Er sendet dir täglich mehr Informationen als du sie durch Lesen, von einem Trainer oder sogar deinem eigenen Verstand bekommst. Versuche nicht dein Richter, sondern dein Beobachter zu sein.

9. Bleib motiviert

Unterschätze nie die Kraft der Motivation. Es ist unmöglich, sich in einer Aktivität, die man nicht mag, zu verbessern. Das heißt nicht, daß du jeden Moment des Trainings genießen mußt. Du solltest aber auf deine Motivation achten und alles tun, um sie auf deiner Seite zu halten. Trainiere mit Freunden. Pflege die Aspekte, die dich am Klettern faszinieren, wie Reisen in fremde Länder und Gebiete oder einfach um draußen zu sein. Laß das Feuer nicht ausgehen.

10. Bleib gesund

Du bezahlst einen Preis für dieses Gebot, wenn du versuchst Verletzungen zu vermeiden. Ein Boulderproblem, welches du nicht gemacht hast. Ein schmerzhaftes Loch, das du nicht durchreißen wolltest (was dich den On-sight gekostet hat). Der Preis, den dich Muskel-, Sehnen- oder Kapsel Verletzungen kosten, ist jedoch wesentlich höher. Wochen oder Monate ohne Klettern, oder Klettern mit Schmerzen. Versuche Verletzungen von vornherein zu vermeiden, und laß’ dir nicht einreden, daß sie dazugehören. Wenn du nicht gesund bist, nutzen dir die neun vorgenannten Regeln und alles bisher geschriebene überhaupt nichts!

In diesem Sinne wünsche ich dir ein erfülltes Kletterleben. Auf www.udini.com findest du immer aktuelle Bilder, Texte und Videos zu allen Aspekten des Kletterns. Ansonsten, das beste Training fürs Klettern ist … Klettern!

Man sieht sich an den Felsen…

Das Alles und noch viel mehr findest du in LIZENZ ZUM KLETTERN. Als Buch oder / und als DVD!