Das große Klettertraining - Experiment

Das grosse Trainings Experiment, Winter 2006-2007

In better climbing, Klettertraining by Udo Neumann

Training vs Klettern

An dieser Stelle möchte ich noch etwas über den Stand unseres Experiments aus meiner Sicht berichten.

Die Probanden:

Christina

klettert viel und wird mit Sicherheit 2007 besser klettern als 2006. Das Torsotraining schützt sie vor Fehlhaltungen (zum Beispiel durchs lange Sichern) und damit hoffentlich auch vor Verletzungen.

Sandra und Ralph

Das Erste was Ralph beim neuen Film Dosage 4 gesagt hat war „Wahnsinn, wie schnell die klettern!“ Es hat mich richtig gefreut, dass der Mann, dem ich doch eine gewisse Starrheit in seiner Sicht des Kletterns zugeschrieben hatte im Lichte der eigenen Verbesserungsanstrengungen auf solche Aspekte beim Klettern achtet. Kein Trainer der Welt kann die eigenen Gedanken, Überlegungen und Anstrengungen ersetzen und so freut sich jeder Coach wenn Sportler ihr Wissen über die Aktivtät vertiefen. Das Systembouldern war für die beiden zu abstrakt, Speed- und Dauerklettern und vor Allem das Torsotraining machen sie jedoch aus vollem Herzen. Beide werden mit Sicherheit durch unser Trainingsexperiment zu besseren Kletterern und ich werde alles versuchen sie durch geschickte Trainingsplanung ihre Route hoch zu kriegen.
Allerdings leiden die beiden unter Gegebenheiten, die ich so nicht voraus gesehen hatte. Dazu im folgenden einige Gedanken:

Kann man in Kletterhallen gut trainieren?

Als Neunerkletterer, der schon lange klettert, nur mit Vorbehalten, würde ich jetzt mal sagen. Auf diesem Niveau reicht es nicht mehr sich einfach kletternderweise glücklich zu plätten, sondern man muss schon etwas spezifischer vorgehen. Da fällt mir zum Beispiel der depperte Vorstieg, der in süddeutschen Hallen einfach dazu gehört, ein. Für Christina ist Vorstieg eine feine Sache. Ein paar Kletterzüge, ihre Mitte finden, einhängen, chalken, die nächsten Bewegungen planen, weiterklettern. Alles wichtige Fertigkeiten, bei denen es für sie durchaus Entwicklungsspielraum gibt. Neunerkletterer sollten das Thema Vorsteigen an sich jedoch abgehakt haben. Einhängen ist für sie eigentlich nur eine ärgerliche Unterbrechung des Kletterflusses. Wenn Sandra und Ralph langfristig die Teilnahme an Wettbewerben planen würden, okay. Bei Wettbewerben steht die Fähigkeit, sich lange in anstrengendem Gelände aufhalten zu können im Mittelpunkt. Die beiden wollen jedoch Routen an ihrem Limit rotpunkt klettern. Routen bei denen alleine die Schlüsselstellen Anschlag sind. Das Vorsteigen von aus Sicherheitsgründen sehr eng gesicherten Routen halte ich in diesem Zusammenhang nicht für effizient. „Dann bouldern wir also!“ werdet ihr sagen und habt natürlich recht. Da es in ihrer Haushalle jedoch kaum flache Griffe gibt, ist die Entwicklung der Bewegungsqualität selbst durchs bouldern nicht unbedingt gewährleistet. Ich kann jeden Hallenbetreiber verstehen, der seine Griffe in erster Linie nach ökonomischen und erst dann nach ergonomischen Aspekten auswählt, der Entwicklung des Kletterns jedoch ist dies nicht förderlich. Lehrreiche Boulderprobleme sind dreidimensional und in erster Linie bewegungstechnisch fordernd. Die Kraft kommt dann von alleine.

Außerdem hätte ich mir von Sandra und Ralph, wenn sie denn nun nur zur Rushhour in die Kletterhalle gehen (und nicht morgens wenn sie ungestört sind) ein etwas herrischeres Auftreten zur Durchsetzung ihrer Trainingsinteressen gewünscht 😉

Simon

Talent setzt sich aus einem Mosaik zusammen. Dazu gehört unter anderem eine gewisse Unempfindlichkeit gegenüber Verletzungen und Krankheit. Als Mitte zwanzig jähriger Testesteronbomber einen Monat an einer besseren Erkältung zu laborieren gehört nicht dazu. Wäre Simon Marathonläufer oder Radrennfahrer, wäre die Saison 2007 jetzt schon gelaufen weil ihm der Trainingsumfang fehlt. Simon ist aber Boulderer, da ist schon noch alles drin. Allerdings ist nach dieser Krankengeschichte zu befürchten, dass er ein wirklich forderndes Training (oder den Tagesablauf der momentan stärksten Boulderer) gar nicht verkraften würde. Damit wir uns nicht falsch verstehen, Simon bouldert klasse. Um aber den nächsten Schritt Richtung Weltklasse machen zu können, ist eine deutliche Steigerung sowohl der Intensität als auch des Umfangs seiner Bemühungen erforderlich. Vor allem muss das deutliche Körperspannungsdefizit behoben werden. Auch gehören seine Lebensumstände wie Schlaf und Ernährung auf den Prüfstand.